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2 knifflige Fragen
#8
Hallo Apfeltorte,

Zitat:warum werden unschuldige Frauen und Kinder geschlagen - haben sie sich das WIRKLICH gewünscht ????

Ich kann da eigene Erfahrung beisteuern und habe den Sinn für mich persönlich herausgefunden - auch wenn das völlig pervers klingt, entsteht dann, wenn sich der Sinn eines Erlebens wirklich zutiefst offenbart, ein enormes Glücksgefühl und Dankbarkeit, das erlebt zu haben.
Es ist allerdings nicht ein vordergründiger Wunsch der Persönlichkeit, das zu erleben - diese Vorstellung finde ich auch seher seltsam, sondern eine Aufgabe, die nur in einem größeren Zusammenhang verstanden werden kann.

Um es noch anders zu beschreiben: das Erkennen, was ich durch mein Erleben von Gewalt an mir erkannt/erfühlt/begriffen/zutiefst verstanden habe und wieviel an Bewusstheit es mir gebracht hat, zeigt dass jede Vorstellung, einem anderen eine Tat verzeihen zu wollen, pervers ist. Wenn ich jemanden etwas verzeihen will, stelle ich mich über ihn und richte und stelle seine Tat in einen Schuldkontext zu meinem Erleben - das ist zwar eine Möglichkeit, damit umzugehen, aber ich finde die nicht sehr praktisch, weil es einen erstarrten, unerlösten Zustand bewirkt.
(Ich bin mir im Klaren darüber, dass ich mich damit in Gegensatz zu dem Erleben ganz vieler Menschen stelle, die glücklich sind, anderen verzeihen zu können, finde das aber dennoch als Übergangsstadium.)

Ich habe in zwei verschiedenen Ausprägungen in diesem Leben erlebt, dass ich mich zum Opfer gemacht habe - also mich anderen derart untergeordnet/verleugnet habe, dass ich das, was mich ausmacht zutiefst ignoriert habe.

Wichtig an dieser Betrachtung ist, welchen Sinn ein Erleben für einen ganz persönlich hat, ist aus meiner Sicht nicht, zu versuchen den kausalen Grund für das Erleben beim "Gewalt-Täter" zu suchen und das Erleben damit zu entschuldigen.
Es gibt psychologische Erklärungen, warum ein Mann seine Frau und Kinder schlägt, die zu der Ansicht führen, dass er der Bösewicht ist und die anderen ihm ausgeliefert sind - das ist aber nicht hilfreich für einen selbst, weil man da nicht aus der Passivität des Erleidens rauskommt und weit entfernt ist von der Aktivität der Wahl einer Alternative.

Daniel hat das sehr gut beschrieben und es ist auch meine Erfahrung das solches Handeln dazu auffordert, sich dagegen zu stellen und nicht mit Gewalt zu reagieren, sondern der Gewalt-Aggression durch eine Kraft-Aggression Einhalt zu gebieten.
Ich finde genial, dass hier das Wort vom "Friedensbefehl" auftauchte, was ich bisher in den Büchern noch nicht gelesen habe.

Ich hatte es geschafft, wenn ich da war, mich vor die Kinder zu stellen und war für den wütenden Vater unüberwindlich. Für mich selbst allerdings hatte ich mir eine Form von "Flucht nach innen" angewöhnt, die sich heute (8 Jahre nach unserer Trennung) als wenig dienlich erweißt, denn ich habe meine Wut nicht mehr wahrgenommen und so haben die Kinder nur erlebt, dass Wut vom Vater schlecht ist und keine Wut zeigen von mir gut ist. Sowohl ich als auch die beiden Jungs - zum Glück können wir da offen drüber reden - haben heute noch Angst davor, wütend zu werden - wir sind einfach nicht darin geübt, damit umzugehen und zu wissen, dass wir es in eine gute Richtung wenden können, wenn wir wütend werden und diese enorme Energie in uns hochsteigt. Ich werde das demnächst mit Unterstützung üben und vielleicht kommmen die Jungs mit.

Also, ich habe verstanden, welchen Sinn es für mich hatte, sowohl in meiner Kindheit als auch in meiner Ehe zu erleben, dass ich Opfer bin - ich habe daran begriffen, dass ich mich selbst zum Opfer gemacht habe und dass es sehr wohl Möglichkeiten gegeben hätte, etwas anderes zu wählen. Ich war mir darüber aber nicht bewusst und habe - ja ziemlich schmerzlich - dadurch Bewusstheit darüber erlangt und habe so für mich genau verstanden, was das Wesen des Unwürdig-seins, das Wesen der Schuld und auch das Wesen der Unschuld ausmacht und wie es zu den verschiedenen Bezugssystemen kommt, die zu der Annahme führen, unwürdig zu sein, schuldig zu sein oder eben aktiv aus sich zu leben.

Die Tatsache, dass ich es nicht vermocht habe, früher aktiv die Trennung herbei zu führen und sogar danach noch die Trennung als Kapitulation ansah, hat mir ziemlich zu schaffen gemacht - auch im Hinblick darauf, wie sehr meine drei Kinder daran zu knabbern haben. Doch es hilft nicht, in Selbstvorwürfen stehen zu bleiben, sondern Bestandsaufnahme ist wichtig und dann alles dafür tun, dass es bewältigt wird.

Faszinierend finde ich, dass ich nachdem mir das so klar war, ich bei Seth dazu viel gelesen habe, was ich 100% nachvollziehen kann. Besonders in der letzten Botschaft stehen ja einige Sätze, die hier gut herpassen, aber bei allen Ethik/Moral-Diskussionen oder auch dieser Frage hier gefühlsmäßig widerstrebendes Empfinden produzieren. Der Punkt, an dem diese verschiedenen Sichten zustanden kommen ist einfach eine Frage des Bezugs. Damit will ich hier keineswegs "Duldung" predigen, denn ich habe es ja in einer Hinsicht auch nicht geduldet, sondern versuchen klar zu machen, dass das Verständnis, wie mensch sich ein solches Erleben ins Leben ziehen kann nicht mit dem üblichen Blickwinkel von gut und böse verstandern werden kann.
... also finde ich.

Viele Grüße, Ute
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2 knifflige Fragen - von Apfeltorte - 03.08.2007, 21:50
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