03.02.2008, 09:39
Hallo Apis,
OT:
Ich weiß nicht, warum du gerade mich das fragst. Kann es denn sein, weil ich mich gerade im Rahmen des Themas Liebe und meinem Versuch diese auf Interkulturalität auszudehnen, mich mit diesem (oder einem ähnlichen) 'Widerspruch' (?) befasse, und desweiteren Erich Fromm wiederentdeckt habe, sodass ich vielleicht 'zufällig' einen Ansatz zum Weiterdenken für dich habe?
Ich zitiere einfach Erich Fromm:
"Im Gegensatz zur symbiotischen Vereinigung* ist die reife Liebe eine Vereinigung, bei der die eigene Integrität und Individualität bewahrt bleibt. Liebe ist eine aktive Kraft im Menschen. Sie ist eine Kraft, welche die Wände niederreißt, die den Menschen von seinem Mitmenschen trennen, eine Kraft, die ihn mit anderen vereinigt. Die Liebe läßt ihn das Gefühl der Isolation und Abgetrenntheit überwinden und erlaubt ihm trotzdem, er selbst zu sein und seine Integrität zu behalten. In der Liebe kommt es zu dem Paradoxon, daß zwei Wesen eins werden und trotzdem zwei bleiben."
(Erich Fromm, Die Kunst des Liebens, 1956)
*Die symbiotische Vereinigung ist noch keine reife Liebe. Sie ist entweder eine natürliche Vorstufe für die reife Liebe, oder je nach Ausprägung pathologisch, nämlich bei Sadismus und Masochismus. Die natürliche symbiotische Vereinigung ist das Mutter-Säuglings-Verhältnis.
„Die symbiotische Vereinigung besitzt ihr biologisches Modell in der Beziehung zwischen der schwangeren Mutter und dem Fötus. Sie sind zwei und doch eins. Sie «leben zusammen» (Sym-biose), sie brauchen einander. Der Fötus ist ein Teil der Mutter und empfängt von ihr alles, was er braucht; die Mutter ist sozusagen seine Welt, sie füttert ihn, sie beschützt ihn, aber auch ihr eigenes Leben wird durch ihn bereichert. Bei der psychischen symbiotischen Vereinigung sind zwar die beiden Körper voneinander unabhängig, aber die gleiche Art von Bindung existiert auf der psychologischen Ebene.“
(ebd.)
"Reife Liebe" ist erst durch die wechselseitige Anerkennung der unabhängigen Persönlickeit möglich. Mutter und Kind müssen in einem interaktiven Prozess sich trennen, erst dann lieben sie sich im eigentlichen Sinne (diesen Prozess beschreibt Axel Honneth wiederum). Also, der Widerspruch zwischen der These, Einheit, und der Antithese, Gettrentsein, wird in der Synthese (Hegel), "reife Liebe", aufgehoben.
Vielleicht hilft dir das, vielleicht nicht.
Alles Gute
Zitat:"Seelen sind auch schöpferische psychische Strukturen. Sie sind ständig in Wandlung begriffen und behalten doch ihre persönliche Integrität immer bei, und alle sind voneinander abhängig. Die Seelen machen in diesem Sinne das Leben der Wesenheit aus. Und doch ist die Wesenheit "mehr" als die Seele." (a.a.O.)
(@ Tobi: persönliche Integrität und trotzdem Abhängigkeit, klingt das nicht auch ein wenig widersprüchlich für Dich?)
OT:
Ich weiß nicht, warum du gerade mich das fragst. Kann es denn sein, weil ich mich gerade im Rahmen des Themas Liebe und meinem Versuch diese auf Interkulturalität auszudehnen, mich mit diesem (oder einem ähnlichen) 'Widerspruch' (?) befasse, und desweiteren Erich Fromm wiederentdeckt habe, sodass ich vielleicht 'zufällig' einen Ansatz zum Weiterdenken für dich habe?
Ich zitiere einfach Erich Fromm:
"Im Gegensatz zur symbiotischen Vereinigung* ist die reife Liebe eine Vereinigung, bei der die eigene Integrität und Individualität bewahrt bleibt. Liebe ist eine aktive Kraft im Menschen. Sie ist eine Kraft, welche die Wände niederreißt, die den Menschen von seinem Mitmenschen trennen, eine Kraft, die ihn mit anderen vereinigt. Die Liebe läßt ihn das Gefühl der Isolation und Abgetrenntheit überwinden und erlaubt ihm trotzdem, er selbst zu sein und seine Integrität zu behalten. In der Liebe kommt es zu dem Paradoxon, daß zwei Wesen eins werden und trotzdem zwei bleiben."
(Erich Fromm, Die Kunst des Liebens, 1956)
*Die symbiotische Vereinigung ist noch keine reife Liebe. Sie ist entweder eine natürliche Vorstufe für die reife Liebe, oder je nach Ausprägung pathologisch, nämlich bei Sadismus und Masochismus. Die natürliche symbiotische Vereinigung ist das Mutter-Säuglings-Verhältnis.
„Die symbiotische Vereinigung besitzt ihr biologisches Modell in der Beziehung zwischen der schwangeren Mutter und dem Fötus. Sie sind zwei und doch eins. Sie «leben zusammen» (Sym-biose), sie brauchen einander. Der Fötus ist ein Teil der Mutter und empfängt von ihr alles, was er braucht; die Mutter ist sozusagen seine Welt, sie füttert ihn, sie beschützt ihn, aber auch ihr eigenes Leben wird durch ihn bereichert. Bei der psychischen symbiotischen Vereinigung sind zwar die beiden Körper voneinander unabhängig, aber die gleiche Art von Bindung existiert auf der psychologischen Ebene.“
(ebd.)
"Reife Liebe" ist erst durch die wechselseitige Anerkennung der unabhängigen Persönlickeit möglich. Mutter und Kind müssen in einem interaktiven Prozess sich trennen, erst dann lieben sie sich im eigentlichen Sinne (diesen Prozess beschreibt Axel Honneth wiederum). Also, der Widerspruch zwischen der These, Einheit, und der Antithese, Gettrentsein, wird in der Synthese (Hegel), "reife Liebe", aufgehoben.
Vielleicht hilft dir das, vielleicht nicht.
Alles Gute