Themabewertung:
  • 0 Bewertung(en) - 0 im Durchschnitt
  • 1
  • 2
  • 3
  • 4
  • 5
Seth und Esoterik?
#1
Hallo, liebe Sethfreunde,

zuerst will ich den Hintergrund erläutern, warum ich dieses Thema eröffne, denn ich halte es für wichtig und grundlegend für die Orientierung im Umgang mit dem Material von Seth. Seine Absicht war ja erklärtermaßen, dass es möglichst vielen Menschen bekannt werden soll. Und das hängt von unserem Umgang damit wesentlich mit ab.

Als ich im Januar erstmalig in dieses Forum hineingeschaut und einige Themen und Beiträge gelesen hatte, war meine Reaktion darauf sehr emotional und verbal, wie ich sie hier nicht wiedergeben will, aber ich versichere euch: die Äußerungen Seths in Sitzung 20 nach der zweiten Pause nehmen sich dagegen sanftmütig aus. Mein erster Gedanke war: das ist nicht meine Plattform. Andererseits ist mir das Sethmaterial zu wichtig, als dass ich mich da raushalten dürfte. Ich habe deshalb vor ein paar Tagen einen Artikel an die Vereinigung der Sethfreunde geschickt, weil ich zuerst der Meinung war, dass er für das Forum zu lang ist. Inzwischen denke ich, dass es trotzdem richtig ist, dieses Thema zu durchdenken. Hier ist also nun mein (ungekürzter) Beitrag.

Seth und Esoterik?
Anmerkungen zu einer irreführenden Etikettierung

Vor wenigen Monaten drückte mir eine langjährige Freundin die "Gespräche mit Seth" in die Hand. Es war ihr gerade wieder eingefallen, dass sie es vor 15 Jahren gelesen hatte. Jedem anderen hätte ich es sofort wieder mit einem betretenen Lächeln zurück gegeben mit dem Vermerk, dass mich Esoterik nicht interessiere, schon gar nicht, nachdem ich Kirche und Theologie zugunsten einer weitaus reicheren Wahrnehmungsfähigkeit hinter mir gelassen hatte. In ein anderes System von Denkstrukturen und Riten werde ich mich gewiss nicht begeben, für nichts Derartiges finde ich ein Echo in mir. "Na ja, ich kann ja mal reinschauen." Vielleicht enthält es wenigstens ein paar anregende Gedanken.

Und dann hat es mich sofort gefesselt. Seths schnörkellose Sprache liegt mir. Kein Brimborium und keine Geheimnistuerei. Auch kein "Erwecktengetue" und nicht dieser "verklärte Blick zum Himmel", der in so manchen Schriften zu außersinnlichen Phänomenen peinlich berührt.
Statt dessen sachlich und klar, wie eine erstklassige Vorlesung in der Uni mit vertrauter wissenschaftlicher Begrifflichkeit. Dazu Seths energiegeladene Vitalität, die sich überträgt. Kaum vorstellbar die Mühe des Schreibens (z.B. "Janes Vortrag war langsam, mit vielen Pausen"). Man hört ihn regelrecht sprechen beim Lesen, engagiert und vorwärts drängend und damit das Lesetempo bestimmend. So ging es m i r jedenfalls (und mit unverminderter Heftigkeit auch danach mit seinen anderen Büchern).

Aber das Entscheidende war der Inhalt. Seth spricht über lauter Dinge, die ich längst "weiß", manchmal sogar mit der gleichen Formulierung, die ich selbst seit Jahren gebrauche. Während des Lesens sind mir Ereignisse, Begegnungen, Erkenntnisse, Begebenheiten und Zusammenhänge bis in die Kindheit bewusst, so dass für mich Seths Gedanken das Hintergrundwissen bieten. So spannend kann kein Krimi sein. Selbst die letzten offenen Fragen im Zusammenhang mit den Brüchen in meiner Lebensgeschichte klären sich dabei.

Beim Lesen der "Gespräche mit Seth" fühlte ich gleichzeitig einen in mir wachsenden Zorn: was - verdammt noch mal - hat Seth mit Esoterik zu tun? Vielmehr gehörte auf die gesamte theologische Literatur jeder Richtung der Aufdruck "Esoterik", nicht aber auf die Sethbücher. Wie bekommen wir Seth wieder aus dieser Schublade heraus? Der Esoterikbegriff hat einen Touch, der Leute gründlich abschreckt, die wie ich nüchtern denken. Ich selbst habe nur deshalb überhaupt in dieses Buch hinein geschaut, weil diese Freundin auch über eine tiefere Wahrnehmungsfähigkeit verfügt, ohne dass einer von uns auf den Gedanken gekommen wäre, dass das, was wir innerlich wissen und wahrnehmen, etwas außerhalb unserer eigenen Natur Liegendes sein könnte oder nur "Eingeweihten" zugänglich wäre.

Damit stand für mich fest: ich werde - falsch, ich m u s s - mich mit dem Thema Esoterik befassen, was ist das, was versteht man darunter. Also: Lexika durchblättern und nach Definitionen suchen.

Den Anfang machte ich natürlich mit meinem altgriechischen Wörterbuch. esoteros - innerer, hinterer. Keine substantivische Form dazu.

Als Nächstes Der Große Herder von 1932. Auch er kennt das Substantiv noch nicht. "Esoterisch - geheim, wissenschaftlich, gelehrt; Ggstz: exoterisch" (öffentlich, gemeinverständlich, volkstümlich). Ganz ähnlich das Philosophische Wörterbuch (Alfred Kröner Verlag, Stuttgart 1955): "nur für Eingeweihte, Fachleute bestimmt und verständlich".

In "Großes Fremdwörterbuch" (VEB Bibliographische Institut Leipzig, 1977) findet sich immerhin schon der Begriff "Esoteriker - in eine Geheimlehre Eingeweihter", und dem entsprechend zu esoterisch - "nur für Eingeweihte bestimmt und verständlich; geheim". Das Große Illustrierte Wörterbuch der Deutschen Sprache (Verlag das Beste, Stuttgart-Zürich-Wien, 1995) ergänzt hierzu "(geistig) zugänglich" und bezeichnet den Esoteriker als einen "Anhänger, Vertreter einer (mystischen, religiösen, philosophischen ö.ä.) Geheimlehre".

Eine Erklärung, die sich auf die kulturelle Herkunft des Begriffes "esoterisch" bezieht, bietet das Etymologische Wörterbuch des Deutschen (dtv, München 1999, nach Akademieverlag, Berlin, 1989): "nur für Eingeweihte verständlich und bestimmt. ... eigentl. 'innerlich', das in streng wissenschaftlicher Form geschriebene Schriften (insbes. des Aristoteles) sowie den engeren Schülerkreis eines Gelehrten (Pythagoras) bezeichnet. Zugrunde liegt griech. ... 'innen, darin, hinein'."

Das GoldmannLexikon (Bertelsmann 1998) erläutert Esoterik so: "in der griechischen Antike Geheimlehren, die nur einem inneren, bes. geweihten Kreis zugänglich waren; heute auch unscharfe Sammel-Bez. für Lehren, die sog. übersinnliche Erfahrungen und Phänomene behandeln. Das derzeitige Interesse breiter Leserschichten an esoterischer Literatur entspringt einer Opposition gegen das rationalistisch-naturwissenschaftliche Weltbild."

Am ausführlichsten (und hier nur auszugsweise zitiert) befasst sich das katholische Lexikon für Theologie und Kirche (Herder, Freiburg, 1959) mit dem Begriff "Esoterik (von griech. ... 'innerlich', 'geheim') bez. einen schwer, (nur) für Eingeweihte, Einverstandene zugängl. Sachverhalt u. die davon bestimmte menschl. Verhaltung. - 1) Je höher der Seinsrang eines Objektes ist, desto höher sind die Bedingungen seiner Zugänglichkeit u. Verfügbarkeit für unser Erkennen u. Tun. Die Person wird in ihrer Subjektivität nur zugänglich und offenbar nach ihrem je eigenen Verfügen u. Ermessen, von dem der sich zu ihr Verhaltende primär verfügt u. in Anspruch genommen ist. Zwischenmenschl. Begegnung hat deshalb grundsätzlich etwas Esoterisches an sich. - 2) Gottes höchst 'schamhafte' personale Liebe erschließt sich in Vertiefung u. Verschärfung dieses Esoterischen nur dem Menschen, der sich ihrem Anspruch als ganzer verfügt. ... Durch seine Kenose wurde das Heilige nicht völlig öffentlich-profan u. dem desinteressierten Zugriff beliebig zugänglich. ... Soll im instititionell-kultisch-sakramentalen Bereich das Personal-Geistige nicht degradiert werden, so muss dieser Bereich etwas Esoterisches an sich haben (Arkandisziplin - Anm. des Verfassers: die 'draußen' sind ausgeschlossen). ... Letztlich ist im Christentum der Begriff der E. überboten (u.bekommt so hier oft eher eine abwertende Bedeutung)..."

Und genau mit dieser abwertenden Bedeutung haben wir es im gesellschaftlichen Kontext und erst recht gegenüber den Naturwissenschaften zu tun. Selbst der Philosophie als anerkannter wissenschaftlicher Disziplin haftet das Image des leicht Spinnigen an, um wieviel mehr der Esoterik.

Hinzu kommt, dass es sich bei esoterischen Zirkeln eben doch um eine Geheimlehre mit bestimmten Riten bis hin zum Okkultismus und der damit verbundenen Arkandisziplin handelt, also um "Auserwählte", "Eingeweihte" usw.

Gerade dagegen verwahrt sich Seth an vielen Stellen seiner Bücher, indem er unermüdlich klar stellt, dass das innere Wissen j e d e m Menschen innewohnt und zugänglich ist, und das ohne Riten und irgendwelches Brimborium, die nur exklusive Kreise hervor bringen. Seine häufigen kritischen Bemerkungen über esoterische Praktiken unterstreichen das. Einmal sagt er sogar, dass es eigentlich falsch ist von außersinnlicher Wahrnehmung zu sprechen, denn es handelt sich um "die Wahrnehmung der inneren Sinne". Das ist keine Geheimlehre.

Der Blick auf die Lexikoneinträge im Verlauf von sieben Jahrzehnten zeigt die erst recht junge Entwicklung des Esoterikbegriffs, aber auch die Uneinheitlichkeit seines Verständnisses. So erscheint die Formulierung des GoldmannLexikons treffend als "unscharfe Sammel-Bezeichnung für Lehren, die sogenannte übersinnliche Erfahrungen und Phänomene behandelt". - Und die sind Gegenstand der Parapsychologie.

Seltsam, dass sich an keiner Stelle ein Querverweis auf diesen Zweig der Humanwissenschaften findet, der sich schon seit fast 100 Jahren mit experimentellen Methoden etabliert hat; deshalb noch einmal Der Große Herder (1934): "Parapsychologie, (griech. = Lehre von dem Jenseitigen der Seele), die wissenschaftl. Erforschung der nichtnormalen, aber auch nicht krankhaften seelischen Erscheinungen, die meist Auswirkungen des Unterbewusstseins sind; siehe auch Okkultismus." Diese gedankliche Linie wäre noch weiter zu verfolgen und lässt wahrscheinlich aufschlussreiche Aspekte erwarten. Hier soll nur noch angemerkt werden, dass die Parapsychologie im Kontext der übrigen Wissenschaften ein ganz ähnliches Image zu genießen scheint wie die Esoterik im gesamtgesellschaftlichen Bewusstsein.

Beides - Esoterik und Parapsycholgie - ist als Kategorie in unsere Denksysteme eingereiht, wobei diese Kategorisierung eine Wertfreiheit des Ordnungssystems nur suggeriert. Das könnte uns im Prinzip gleichgültig sein, wenn diese Kategorisierung nicht ein selbstverständlich übernommener und unüberprüfter Glaubenssatz wäre, von dem sich wohl noch nicht allzu viele gelöst haben (wie mir der Blick in des Forum der Seth-Freunde zeigt).

Wir sollten gezielt diese Gedankenlosigkeit zu überwinden suchen, durch die das Seth-Material in der Esoterikschublade gelandet ist. Wahrscheinlich müssen wir es uns selbst und unseren Zeitgenossen "übersetzen", z.B. durch die Ermutigung, das innere Wissen ernst zu nehmen und ihm zu vertrauen, das oft genug im Widerspruch zu dem steht, was heute als normal gilt. Ich selbst verdanke in dieser Hinsicht meiner angeborenen Dickköpfigkeit vielfach das Festhalten an meinem inneren Wissen gegen alle Besserwisserei von sogenannten Fachleuten - und es hat sich in allen Fällen als richtig erwiesen, auch wenn ich manchmal die faktischen Beweise dafür erst Jahre später bekommen habe.

Herzlich grüßt euch alle
Harald
Zitieren


Nachrichten in diesem Thema
Seth und Esoterik? - von Gast - 11.04.2004, 22:03
[Kein Betreff] - von Gast - 12.04.2004, 07:52
[Kein Betreff] - von Gast - 12.04.2004, 11:06
[Kein Betreff] - von Gast - 12.04.2004, 16:12
[Kein Betreff] - von Gast - 12.04.2004, 17:41
[Kein Betreff] - von Gast - 13.04.2004, 11:24
[Kein Betreff] - von Gast - 18.04.2004, 10:47
[Kein Betreff] - von Gast - 18.04.2004, 12:15
[Kein Betreff] - von Gast - 20.04.2004, 09:30
[Kein Betreff] - von Gast - 23.04.2004, 20:37
[Kein Betreff] - von Gast - 26.04.2004, 18:32
[Kein Betreff] - von Gast - 26.04.2004, 19:41
[Kein Betreff] - von Gast - 26.04.2004, 20:36
[Kein Betreff] - von Gast - 27.04.2004, 18:42
[Kein Betreff] - von Gast - 04.05.2004, 17:19
[Kein Betreff] - von Gast - 04.05.2004, 22:10
[Kein Betreff] - von Gast - 08.05.2004, 19:53
[Kein Betreff] - von Gast - 08.05.2004, 22:38
[Kein Betreff] - von Gast - 09.05.2004, 14:48
[Kein Betreff] - von Hologramm - 09.05.2004, 16:06
[Kein Betreff] - von Gast - 09.05.2004, 19:18
[Kein Betreff] - von Gast - 09.05.2004, 23:07
[Kein Betreff] - von Gast - 10.05.2004, 00:14
[Kein Betreff] - von Gast - 10.05.2004, 17:00
[Kein Betreff] - von Gast - 20.05.2004, 13:29
[Kein Betreff] - von Hologramm - 20.05.2004, 16:40
[Kein Betreff] - von Agnes - 20.05.2004, 19:32
[Kein Betreff] - von Gast - 21.05.2004, 18:21
[Kein Betreff] - von Gast - 22.05.2004, 10:58
[Kein Betreff] - von Gast - 22.05.2004, 21:52
[Kein Betreff] - von Gast - 25.05.2004, 15:52
[Kein Betreff] - von Gast - 30.05.2004, 13:28
[Kein Betreff] - von Gast - 30.05.2004, 16:21
[Kein Betreff] - von Gast - 06.09.2004, 20:58
[Kein Betreff] - von Agnes - 09.09.2004, 22:29
[Kein Betreff] - von Gast - 18.09.2004, 06:34
[Kein Betreff] - von Agnes - 18.09.2004, 13:36
[Kein Betreff] - von Gast - 18.09.2004, 14:58
[Kein Betreff] - von Gast - 06.10.2004, 07:52
[Kein Betreff] - von Gast - 06.10.2004, 08:56

Gehe zu:


Benutzer, die gerade dieses Thema anschauen: 1 Gast/Gäste